Bauen mit Stroh

Angesichts der Herausforderungen des Klimawandels rückt neben der Diskussion um die verbesserte Energieeffizienz von Gebäuden zur CO2– Einsparung immer mehr die Umweltbelastung durch die Herstellung von Baustoffen in den Vordergrund. Sehr gut schneidet hier der auf landwirtschaftlichen Flächen nachwachsende Rohstoff Stroh ab. Der Energieaufwand zur Herstellung für den Hausbau verwendbarer Strohballen wird gegenüber Mineralwolle auf lediglich 1,5 % geschätzt. Da die Pflanzen mehr CO2 binden als bei der Herstellung des Baustoffes entsteht, hat Stroh im Hausbau eine überaus günstige Klimabilanz. Und das Material ist gut verfügbar: Nach Berechnungen des Fachverbandes Strohballenbau Deutschland (FASBA) reicht ein Fünftel des Strohs, das nach einer durchschnittlichen Ernte in Deutschland übrigbleibt, für den Bau von 350 000 Einfamilienhäusern.

Auch die Dämmeigenschaften und das Wohnklima von Strohbauten sind hervorragend: Das natürliche Material isoliert genauso gut wie herkömmliche Dämmstoffe, wie Experten bestätigen. Mit lehmverputzten Strohwänden sei es problemlos möglich, die Kriterien des Passivhausstandards zu erfüllen.

Neben den außerordentlichen Dämmeigenschaften können mit entsprechender Lehm- oder Kalkputzbeschichtung auch die Anforderungen an den Brand- und Schallschutz gut erfüllt werden: Loses Stroh ist leicht entflammbar. Doch presst man es zu Ballen, wird den Halmen durch den Druck die Sauerstoffzufuhr abgeschnitten. Als Baustoff zugelassene Strohballen gelten deshalb als normalentflammbar. Je nach Stärke der Putzschichten entspricht verkleidetes Baustroh der Feuerwiderstandsklasse F30 oder F90 – das entspricht konventionellem Betonbau!

In Deutschland sind Gebäude mit bis zu zwei Geschossen in dieser Bauweise bauaufsichtlich zugelassen. In Niedersachsen steht aber auch schon ein fünfgeschossiges „Leuchtturmprojekt“, das fast vollständig aus Holz, Stroh und Lehm erbaut ist. Nur der Keller ist hier konventionell mit Ziegeln gemauert und schließt mit einer Betondecke ab. Das tragende Gerüst des 17 Meter hohen Bürohauses mit 1800 m² Nutzfläche bildet – ähnlich wie bei traditionellen Fachwerkhäusern – eine Holzkonstruktion aus mächtigen Ständern und Riegeln. Auch die Decken, das Treppenhaus und der Fahrstuhlschacht bestehen aus Holz. Die Wände wurden aus Holzständern konstruiert, da die Strohballen nicht für den Lastabtrag geeignet sind, verkleidet und mit Lehm verputzt. Die nichttragenden Teile der Außenwände dagegen bestehen aus gepresstem Stroh.

Das älteste in Strohballenbauweise errichtete Gebäude ist über 100 Jahre alt und steht in den USA. Voraussetzung für ein langes Leben dieser Häuser ist der konstruktive Feuchteschutz. Im Falle eines Rückbaus lassen sich die Komponenten Stroh, Lehm und Holz im Sinne der „Cradle to Cradle-Philosophie“ wieder nahtlos in den Naturhaushalt zurückführen.

Bildnachweis Titelbild: Birgit Eversheim, www.eversheim-architektur.de