Aktives Lärmmanagement ist ein zentraler Bestandteil der präventiven Risikosteuerung bei großen Bauprojekten. Auch im Genehmigungsverfahren sind Aussagen und Nachweise darüber zu liefern, ob der Neubau oder die Erweiterung einer Industrieanlage Immissionskonflikte in der Nachbarschaft erwarten lässt.
Eine Lärm- oder Schallimmissionsprognose ist eine Vorausberechnung von Geräuschimmissionen, die in der Umgebung durch eine neue oder modifizierte Anlage erwartet werden können. Heute wird die Prognose häufig eingesetzt, wenn es darum geht, bestehende Industrieanlagen baulich zu erweitern und dabei die richtigen, d.h. nicht zu laute Anlagenteile einzusetzen. Anhand der Prognose lassen sich konkrete Schallleistungspegel für die einzelnen neuen Technikaggregate bestimmen. Der Planer oder Betreiber kann diese sog. Emissionsvorgaben dann in seine Ausschreibungsunterlagen einbinden und bei bestimmungsgemäßer Umsetzung erwarten, dass nach Errichtung oder Erweiterung seiner Industrieanlage keine Immissionskonflikte auftreten. Sicher? Unserer Erfahrung nach ja: Wenn Kontrollmessungen an benachbarten Wohnhäusern stattfinden, nachdem eine zuvor prognostizierte Situation realisiert wurde, stellen wir regelmäßig eine beeindruckende Übereinstimmung von vorausberechneten und gemessenen Werte fest. Sie differieren nur selten um mehr als 1 – 2 dB. Zumeist liegen die gemessenen Werte geringfügig unter den berechneten, was auf die konservativen meteorologischen Bedingungen der Rechenvorschrift zurückzuführen ist.
Im Genehmigungsverfahren wird vergleichbar vorgegangen. Meist fordert die Genehmigungsbehörde den Betreiber einer Anlage auf, eine Schallimmissionsprognose für die geplante Neuanlage oder die beabsichtigte Erweiterung erstellen zu lassen. Damit möchte sie sicherstellen, dass es später nicht zu Lärmkonflikten kommt. Die Genehmigungsbehörde – das Baurechtsamt einer Stadt, das Landratsamt oder das Regierungspräsidium – weiß um die Präzision der Rechenmodelle bzw. der Schallimmissionsprognosen. Daher werden z.B. Lärmminderungsvorschläge, die im Rahmen einer Schallimmissionsprognose vom Gutachter ausgesprochen werden, meist unverändert in die Auflagen zur Genehmigung übernommen. Tatsächlich werden vom Gutachter prognostizierte Pegel oft als Grenzwerte in Genehmigungen eingesetzt, selbst wenn noch ausreichend Immissionsreserve, d.h. Abstand zum Immissionsrichtwert besteht.
Das kann zu Problemen führen: Hat der Gutachter in der Vielzahl der Parameter z.B. nur eine einzige Emissionsvorgabe für eine Maschine oder ein Aggregat zu knapp gewählt und es wird eine etwas lautere Anlage verbaut, so wird im Rahmen der Abnahmemessung zwar eine Einhaltung der Immissionsrichtwerte der TA Lärm festgestellt. Die im Genehmigungsbescheid festgesetzten Immissionsrichtwertanteile werden aber verfehlt. Das wäre schon im Ansatz zu vermeiden. Wir empfehlen den Genehmigungsbehörden, etwas großzügigere Immissionsrichtwertanteile festzusetzen, wenn noch ausreichend „Luft“ zur TA Lärm besteht und gleichwohl der Stand der Lärmminderungstechnik gewahrt bleibt. Eine gute Größe wäre aus unserer Sicht ein gegenüber der Prognose um 3 dB erhöhter Immissionsrichtwertanteil. Dann ist man nicht ganz so eng gebunden an die Prognosequalität des Gutachters, und der Anlagenbetreiber erhält eine überschaubare Toleranz beim Einkauf seiner Anlagen bzw. der schalltechnischen Qualität seines schallabstrahlenden Gebäudes.